Aus dem Leben eines Barkeepers


von Marcel Mander



Der Regen prasselt schon wieder gegen diese verdammte Scheibe, als hätte er nichts anderes zu tun. Ah, verdammt, diese Bude riecht wie abgestanden, nur weil diese widerliche Putzfrau gekündigt hat. Diese ganze, bescheuerte Welt ist verrückt geworden. Sogar meine treuesten Stammkunden haben mich verl...
Oh, hallo, guten Abend, der Herr. Treten Sie ein. Darf ich Ihren Mantel an die Garderobe hängen? (Verdammt, wie ich das hasse, diesem Kerl in den Arsch zu kriechen. Aber- verdammt noch mal- ich muß um jeden Kunden kämpfen.) Setzen Sie sich doch! Was wollen Sie trinken? Oh, eine exellente Auswahl. (Mach ihm bloß was vor, Moe, mach ihm  was vor- er kann ein Stammkunde werden. Er will einen Gin, also gib ihm keinen Gin, sondern mix ihm einen "Ginspecialcocktail"). Hier bitte sehr, der Herr. Einen Gin. Ich habe mir erlaubt, Ihnen einen Ginspecialcocktail zu mixen. Natürlich zum "Ginpreis". Verzeihen Sie meine Indiskretheit, aber Sie sehen nicht so aus, als kämen Sie aus Springfield. Ah, Sie kommen aus Manhattan, Kansas. Schöne kleine Stadt. War ich oft im Urlaub. (Manhattan, Kansas! Das muß ein Idiot sein! Als ich das letzte mal das Lexikon aufgeschlagen habe, war Manhattan, Kansas ein kleines Nest mit 500 Einwohnern. Viel wird sich daran in der Zeit wohl nicht geändert haben.) Ja, tatsächlich, ich war in Manhattan, Kansas. Ich? Naja, Springfield ist auch nicht groß, wissen Sie.  (Aber immer noch größer als Manhattan, Kansas.) Als was arbeiten Sie? (Oh Gott, ein Bulle, ich muß mich beherrschen! Aber er kann immer noch gute Schleichwerbung für meine Taverne machen.) Oh, bei der Polizei, scheint ein recht anstregender Beruf zu sein. Ich habe einen Freund, der auch Polizist ist. Ja, er heißt Clancy Wiggum (und wenn ich könnte, würde ich ihm jedes Mal wenn er meine Bar betritt in seinen fetten Arsch treten). Er ist ein ganz netter Kerl. Immer freundlich zu den Mitbürgern.
Sie wollen rauchen? Aber bitte, gerne. (So ein Idiot! Die ganze Bude stinkt nach Rauch, und er muß noch seinen dazugeben! Als ob dieser penetrante Geruch noch nicht reichen würde.) Hier haben Sie einen Aschenbecher. Bitte. Wie es bei mir läuft? Ach, wissen Sie, man lebt so in den Tag hinein. Morgends steht man auf, und weiß nicht was los ist. Es ist schön hier in Spring... (Verdammt, Moe, was redest du? Der Kerl ist ein Tourist, also bitte, offenbar ihm doch einfach alles! Sag es ihm!) ...field. Ich liebe diese Stadt wie mein (Sag es ihm!) le... (Sag es ihm!)...ben. Nein, nein, streichen Sie das, streichen Sie das! Ich hasse dieses verkommende Drecknest! Die paar Leute, die einen wirklich guten Charakter zu Tage fördern in dieser Stadt sind dünn gesät. Sie haben mich alle verlassen! Meine treuesten Stammkunden! Homer, Barney, Sam, Lenny, Larry, Carl. Alle.. alle haben sie sich abgewandt von mir. Sie sind zur Konkurrenz gegangen. In "Die Gosse". So etwas ist unvorstellbar! Diese Idioten gehen zu der Konkurrenz! Sogar diese Putzfrau... diese verdammte Putze!... hat sich von mir abgewandt! Sogar die! Nur weil ich ihr ohnehin schon dünnes Gehalt nicht zahlen konnte! Verdammt, in dieser so schweren Zeit frage ich mich manchmal, warum ich damals meine Boxerkarriere aufgegeben habe. Warum habe ich das nur getan? Verflucht...verflucht...verflucht...
Nun, Mister Szyslak, ich habe mich endlich davon überzeugen können, wie gut Ihre Cocktails sind. (Was sagt der Kerl da? Warum steht er auf? Was holt er da aus seiner Tasche? Einen Ausweis!?)
Mein Name ist Frederik Saltpeter. Ich bin Restauranttester.
(Oh, Gott, den Kerl mache ich fertig! Ein Restauranttester! Er hat mich nur belogen!)
Grrr...
Aufgrund besonderer, freundlicher und menschenoffenherziger Behndlung der Gäste und- was natürlich ein Hauptpunkt ist- guter Drinkmischungen, verleihen wir Ihnen hiermit zwei Sterne.
(Lächeln, Moe, lächeln.)
Wunderbar!

So, das ganze ist jetzt schon 12 Wochen her. Doch ich musste diese Geschichte unbedingt (aus Zeitmangeln erst an dieser Stelle) in meinem Tagebuch niederschreiben. Und da ich die Geschichte, wie ich meine ersten zwei Sterne bekam, wohl nie vergessen werde, müssten alle Details wohl so stimmen. Möge diese Geschichte der Nachwelt erhalten bleiben.
Moe Szyslak
29. April 1998
 

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